Sonntag, 9. Januar 2011

Signe de vie

Meine Lieben, ich bin habe mein Bergfest hier fast schon erreicht. Ende Januar bin ich schon 5 Monate hier! Inzwischen hat sich in meiner Arbeit schon die Routine eingestellt; ich kenne meine Aufgaben und suche mir auch immer wieder neue Möglichkeiten, um mich weiter einzubringen und zu helfen. Ich habe ja schon einmal angerissen, wie meine Arbeit hier aussieht und möchte euch jetzt ein bisschen mehr erzählen. Mein fester Wochenplan sieht so aus:

Jeden 2. Montag fahre ich mit 2 weiteren „Animatrice“ (sinngemäß übersetzt sind das Ergotherapeutinnen) und einigen Residenten in ein ziemlich großes Einkaufszentrum, um alle Dinge für die Bewohner zu kaufen, die sie nicht im Altenheim bekommen. Darüber freuen sich alle immer sehr, denn viele können oder mögen selbst nicht mehr einkaufen gehen und für diejenigen, die mitkommen, ist es eine willkommene Ablenkung.
Nachmittags helfe ich Maryse, der Logopädin, dabei den Chor vorzubereiten und durchzuführen.

Dienstag vormittags findet kein fester Programmpunkt statt, allerdings muss ich an alle 100 Bewohner die neuen Menü- Pläne austeilen und natürlich wie jeden Tag die Post.
Nachmittags laden wir (die Ergotherapeutinnen) dann alle die Lust haben zur „Cuisine Sucrée“ ein um Waffeln zu essen (des Belgiers Kuchen) und Kaffee zu trinken. Die Waffeln machen wir selbst.

Mittwoch morgens bereite ich alleine den evangelischen Gottesdienst vor, der bei uns im Altenheim stattfindet. Nur rund 15 Residenten nehmen an dem Gottesdienst teil, der Mehrteil der Menschen hier in Belgien ist nämlich katholisch. Meine Aufgabe besteht darin, alle Teilnehmer aus ihren Zimmern abzuholen und Traubensaft und Oblaten vorzubereiten. Während des Gottesdienstes helfe ich dann einigen dabei die richtige Seite im Liederbuch zu finden. Danach bringe ich alle wieder zurück auf ihre Zimmer. 5 Pastoren aus der Umgebung wechseln sich mit dem Gottesdienst ab.
Nachmittags öffne ich mit Brigitte unseren Hauseigenen Second-Hand-Shop, „Coco Flanelle“. Hier können alle Residenten Kleidung, Taschen, Schuhe, Schmuck und andere Accessoires für einen Euro pro Stück kaufen. Der Preis ist eher symbolisch, schließlich sind alle Klamotten gespendet. 



Inzwischen machen ich den Laden auch schon mal alleine auf, wenn Brigitte (die sonst im Büro arbeitet) mal keine Zeit hat. Es ist nicht einfach gleichzeitig allen „Kunden“ beim aussuchen und an- und ausziehen zu helfen und gleichzeitig alle bei Laune zu halten. Eigentlich macht es mir immer sehr viel Spaß im „Coco“ zu arbeiten, allerdings kann es auch schon mal etwas stressig werden, wenn ich alleine bin und allen gleichzeitig gerecht werden will.
Auch wenn ich sonst freie Zeit zwischen den Aktivitäten habe, gehe ich in den Laden um aufzuräumen und neue Kleidung einzusortieren.

Da Donnerstag vormittags kein fester Programmpunkt stattfindet, nutze ich die Zeit um einige Residenten in ihren Zimmern zu besuchen. Manchmal erzähle ich von meinem zu Hause in Deutschland oder meiner Familie und manchmal höre ich auch nur zu. Und wenn es mal nichts zu sagen gibt, lese ich aus Zeitungen vor oder leiste einfach ein bisschen Gesellschaft. Bei 100 Bewohnern kann ich natürlich nicht alle besuchen. Deshalb besuche ich meistens diejenigen, die sonst an keinen Aktivitäten teilnehmen möchten und natürlich die, bei denen ich merke, dass mein Besuch ihnen Freude bereitet.
Häufig bekomme ich dann kleine Küchlein, Seifen oder Ähnliches als Dankeschön geschenkt, und in meiner Jackentasche hat sich schon eine beträchtliche Menge Bonbons angesammelt.
Das bisher merkwürdigste Geschenk war ein Brotbrettchen, über dem eine Plakette mit dem Wort „Brotzeit“ hängt. Die ältere Dame, die mir diese wunderschöne Aufmerksamkeit geschenkt hat, hat Verwandte in Deutschland, daher der deutsche Schriftzug.
Ich weiß damit nichts anzufangen, kann das Brettchen aber natürlich nicht wegschmeißen, war ja eine nette Idee. Bisher bewahre ich provisorisch meine Zeitungen darin auf, das weitere Schicksal des Brettchens ist aber noch ungewiss.


Nachmittags findet wieder der Chor statt und danach die Messe, also der katholische Gottesdienst. Hier helfe ich nur bei der Vorbereitung.

Freitags arbeite ich nur halbtags (also nur von 9 bis 1 statt von 9 bis 5) und der Vormittag ist komplett für die Gymnastik verplant. Hierfür mache ich wieder meinen Rundgang und lade alle dazu ein, teilzunehmen. Ich bringe dann alle hin und zurück und ich helfe auch bei der Durchführung.

Am Wochenende arbeite ich in der Regel nicht, nur wenn etwas Besonderes stattfindet, wofür meine Hilfe benötigt wird.

Ich fühle mich sehr wohl mit meinen Aufgaben und freue mich darüber, dass ich immer mehr Anerkennung und Dank von meinen Kollegen und von den Bewohnern erhalte.
Einmal zum Beispiel holte mich meine Kollegin Valerie extra zu einer Residentin, die darum bat, von mir zu einer Aktivität gebracht zu werden: „Friederike und ich, wir haben schon Übung zusammen mit meinem Rollstuhl und die macht das so toll.“
Da war ich ganz schön glücklich und auch stolz.

Nach der Arbeit gehe ich meistens zum Sport und einmal die Woche habe ich einen privaten Sprachkurs. Richtig viel kann man hier auf dem Land unter der Woche nicht machen, allerdings habe ich ja mein Auto hier und bin so ein bisschen flexibler. Und am Wochenende besuche ich ja sowieso andere Freiwillige hier in Belgien oder werde von ihnen besucht.

Ich hatte mich bis vor Weihnachten auch wirklich gut hier zurecht gefunden, jetzt nach dem Urlaub zu Hause bei meiner Familie und meinen Freunden war es aber etwas schwierig wieder neue Motivation zu finden. Ich bin mir aber sicher, dass mir die Arbeit bald wieder ganz leicht von der Hand gehen wird, da alle Kollegen und Bewohner hier wirklich sehr sehr nett sind.

2 Kommentare:

  1. Hey Mimi,

    Ich finds interessant, mal wieder von dir zu hören:-). Du scheinst ja mit deiner Arbeit echt gut ausgelastet zu sein, in Russland kann man das nicht wirklich behaupten... aber es ist trotzdem noch interessant und macht Spaß... auch wenn ich beim Lesen deines Tagesablaufs fast schon neidisch werde, manchmal vermisst man einfach ein gewisses Maß an Organisation...

    Liebe Grüße

    Tina

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  2. Ach Mimi!!
    Ich würde auch gern von dir abgeholt werden, denn du machst das echt toll.

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